Frank W. Stahnisch

Professor für Medizingeschichte und die Geschichte des Gesundheitswesens, University of Calgary (Kanada)
Aufenthalt am Forschungskolleg Humanwissenschaften: Juni‒August 2016 Forschungsthema am Forschungskolleg Humanwissenschaften: »Die Verzweiflung großer Denker: Die Zwangsmigration deutscher Neurowissenschaftler nach Nordamerika, 1933‒1963« Projektbeschreibung: Mein Forschungsprojekt siedelt sich an der Stelle an, an der für die Entwicklung der Neurowissenschaften (hier als eines unter mehreren wichtigen Beispielen biomedizinischer Forschung) für das 20. Jahrhundert die sogenannte »Brain Gain Thesis« entworfen und in der Forschungsliteratur breit diskutiert worden ist. Darunter wird oft in eher unkritischer Weise der »Zuwachs« und »Erfolg« wissenschaftlicher Produktivität im angelsächsischen Raum seit dem Zweiten Weltkrieg insbesondere auf Grund der erzwungenen Migration jüdischer und oppositioneller deutscher WissenschaftlerInnen und ÄrztInnen während des Dritten Reiches verstanden. Die Forschungsliteratur hat nur allzu häufig die intellektuellen, akademischen und institutionellen Dimensionen der Zwangsmigration in Medizin und Wissenschaft in den Blick genommen, aber viel zu selten die individuellen Schicksale und die Anpassungsprobleme vieler emigrierter Psychiater und Neurologen thematisiert – also derjenigen Kohorte, die den Gegenstand meiner Untersuchungen bildet.
Mein Forschungsprojekt nimmt vor allem die Gruppe der emigrierten ÄrztInnen und WissenschaftelerInnen in den Blick, die in die USA und nach Kanada gingen, wo die meisten auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges auch verblieben sind. Die These, die ich hier untersuchen und kritisch diskutieren will, bezieht sich insbesondere darauf, dass der Prozess der Zwangsmigration häufig drastische Veränderungen und Wechsel in den Karriereplänen und -aussichten der jeweiligen Personen nach sich gezogen hat. Mit Blick auf die untersuchten historischen Daten und Quellen soll gezeigt werden, dass die »Brain Gain Thesis« signifikant verändert werden muss; ein solcher Perspektivwechsel wirkt sich sowohl auf die Methodik des Verständnisses der Internationalisierung von medizinischer Forschung aus wie auch auf die Methodik der Migrationsstudien.
Während meiner Zeit am Bad Homburger Forschungskolleg Humanwissenschaften werde ich mit den Planungen und dem Schreiben der ersten Kapitel eines englischsprachigen Buches mit dem o.g. Titel beginnen ‒ ein Prozess, der auf den bisher durchgeführten Forschungen fußt und auf weitere drei Jahre angelegt ist, bevor das Buchmanuskript bei einer nordamerikanischen University Press eingereicht werden soll. (Frank W. Stahnisch) Zusammenarbeit: Frank Stahnisch folgt der Einladung von Matthias Lutz-Bachmann (Professor für Philosophie an der Goethe-Universität und Direktor des Forschungskollegs Humanwissenschaften) zu einem Aufenthalt am Forschungskolleg Humanwissenschaften in Bad Homburg.
Wissenschaftliches Profil von Frank W. Stahnisch Frank W. Stahnisch ist Historiker der Medizin- und Neurowissenschaften und hat 2001 an der Freien Universität Berlin promoviert. Er ist Inhaber des Lehrstuhls »Alberta Medical Foundation/Hannah Professorship in the History of Medicine and Health Care« an der University of Calgary. Stahnisch ist Herausgeber des internationalen Journal of the History of the Neurosciences. Forschungsschwerpunkte: Geschichte und Philosophie der Biomedizinischen Wissenschaften;
Entwicklung der modernen Physiologie und experimentalen Medizin;
Geschichte der Neurowissenschaften und Psychiatrie;
Entwicklung moderner medizinischen Visualisierungspraktiken. Veröffentlichungen (Auswahl): - (hg. mit Guel Russell), »New Perspectives on Forced-Migration in Neuroscience during the Twentieth Century«, in: A Special Issue of Journal of the History of the Neurosciences, 25/3 (2016).
- (mit Porter, Dorothy), Trading Zones and Boundary Work in the History of Medicine and Medical Humanities, Salt Lake City, UT: University of Utah Press, 2015.
- (mit Hoffmann, Thomas), Kurt Goldstein - Der Aufbau des Organismus. Einfuehrung in die Biologie unter besonderer Beruecksichtigung der Erfahrungen am kranken Menschen, München - Paderborn: Fink Verlag, 2014.
- Medicine, Life and Function: Experimental Strategies and Medical Modernity
at the Intersection of Pathology and Physiology (= Aspects of Medical Philosophy Series, Bd.11, hg. von Chr. Hoffstadt), Bochum, Freiburg: Projektverlag, 2012.
- (mit Zittel, C. und Werner, S.), Ludwik Fleck. Denkstile und Tatsachen –
Gesammelte Schriften und Zeugnisse, Frankfurt/M.: Suhrkamp, 2011.
- (mit Bauer, H.), Bild und Gestalt: Wie formen Medienpraktiken das Wissen in
Medizin und Humanwissenschaften? (= Medizin und Gesellschaft, Bd.13, hg. von U. Weisser), Muenster u.a.: LIT-Press 2007.
- (hg. mit Schoenherr, U. und Bergua, A.), Albert Neissers (1855-1916),
Stereoscopischer Medicinischer Atlas’ – Eine außergewoehnliche fotografische Sammlung aus
dem Gebiet der Augenheilkunde, Wuerzburg: Koenigshausen & Neumann, 2006.
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