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Das Forschungskolleg Humanwissenschaften: Projekte

Democratic Vistas Lecture Series
»Was heißt ›Demokratische Lebensform‹?«
ab 2023

Was bedeutet »Demokratie«? Ist hiermit ein politisches System gemeint, eine Form des Regierens? Oder bezeichnet »Demokratie« eine Form des Zusammenlebens, die das Alltagsleben prägt und ihren Ort in den Dimensionen des Politischen, Sozialen und Kulturellen hat? Der Forschungsschwerpunkt »Democratic Vistas: Reflections on the Atlantic World« des Forschungskollegs Humanwissenschaften stellt sich dieser Frage programmatisch. Er untersucht, was es bedeutet, die Demokratie als »Lebensform« zu begreifen. In einer dreisemestrigen Vorlesungsreihe stellen Forschende des Verbunds aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven Fallstudien vor, anhand derer sich ein konkretes Verständnis davon gewinnen lässt, was »Demokratische Lebensform« zu heißen vermag. Aufmerksamkeit hierbei erhält insbesondere die sinnliche und emotionale Dimension, die die alltägliche Erfahrung der Demokratie wesentlich mitbestimmt. Dabei geht es nicht darum, eine transhistorische Essenz einer einzigen demokratischen »Lebensform« zu postulieren. Vielmehr lassen sich die Vortragenden von dem Gedanken leiten, dass die Demokratie - wenn sie sich denn sinnvoll als »Lebensform« beschreiben lassen soll - ganz unterschiedliche, umstrittene und oftmals auch widersprüchliche Formen des Zusammenlebens annimmt. Nicht zuletzt handelt es sich um Formen, die einen paradoxalen Charakter aufweisen können, der das Demokratische zum Umschlag in sein Gegenteil tendieren lässt.

Die Vortragenden der Reihe kommen aus so unterschiedlichen geistes- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen wie Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaften, Amerikanistik, Cultural Geography, Germanistik, Kunstgeschichte, Philosophie und Sinologie. Die Vorträge finden am Forschungskolleg Humanwissenschaften Bad Homburg und am Campus Westend der Goethe-Universität Frankfurt statt. Die Vortragssprache ist überwiegend Deutsch. Die Reihe richtet sich an Forschende ebenso wie an die interessierte Öffentlichkeit.

Weitere Informationen zum Projekt »Democratic Vistas« finden Sie hier.

Das Poster zur Vortragsreihe finden Sie hier.


Veranstaltungen

4. Dezember 2023, 19 Uhr (s.t.), Forschungskolleg Humanwissenschaften Bad Homburg
Lecture
»Evangelikalismus in den USA: Lebensformen zwischen Demokratie und Autoritarismus«
Johannes Völz (Goethe-Universität)

Der Vortrag von Johannes Völz wurde am 5. April 2024 von Deutschlandfunk Nova veröffentlicht. Sie können ihn hier finden.

Mit der Erstürmung des US-Kapitols in Washington, D.C. am 6. Januar 2021 stellten Trump-Anhänger ihre Bereitschaft zur Schau, gewaltvoll mit der liberalen Demokratie zu brechen. Sie beriefen sich dabei nicht nur darauf, die Rechte des vermeintlich wahren Volkes zu verteidigen; viele von ihnen gaben vor, Gottes Werk zu tun. Sie durchfluteten ihr Medienspektakel mit Symbolen, die aus christlichen, heidnischen und demokratischen Traditionen stammten. Auf die Bildschirme der Welt sendeten sie hölzerne Kreuze, Schamanen-Kostüme und 1776-Logos. Dieser Zeichenmix ließ sich nicht widerspruchsfrei dechiffrieren, doch zumindest warf er die Frage auf: Welche Rolle spielt der konservative Evangelikalismus im antidemokratischen Trumpismus? Dieser Frage hat sich in der Zwischenzeit auch die religionssoziologische und -historische Forschung zugewandt. Der weit geteilte Befund: Rechter Evangelikalismus und rechte Politik sind heute kaum mehr voneinander zu unterscheiden. Religion steht im Dienst der Politik, Politik im Dienst der Religion. Vereint sind sie im Bestreben, eine vermeintlich vergangene Ordnung christlicher und weißer Vorherrschaft wiederherzustellen. Diese Diagnose allerdings wirft ein Rätsel auf: wie konnte der amerikanische evangelikale Protestantismus zum Motor einer antidemokratischen Bewegung werden, wo er doch einst – im späten 18. und 19. Jahrhundert – Antrieb einer kulturellen Dynamik der Demokratisierung war? Zu jener Zeit überwarf der Evangelikalismus alte Autoritäten und Institutionen und etablierte Formen religiöser Erfahrung, in der sich die egalitäre Freisetzung des Individuums manifestierte. Zurecht ist dieser »religiöse Populismus« – anti-elitär, anti-institutionell und egalitär – als wesentliche Triebkraft der Demokratisierung des amerikanischen Alltagslebens im Zeitalter der Frühen Republik beschrieben worden. Und doch, so soll der Vortrag zeigen, sind in den frühen Formen des Evangelikalismus bereits Sollbruchstellen erkennbar, die das demokratische Moment des religiösen Populismus ins Autoritäre umschlagen ließen. Umgekehrt lässt sich allerdings auch zeigen, dass der gegenwärtige autoritäre, antidemokratische Evangelikalismus des Trumpistischen Zeitalters nach wie vor demokratisierende Züge trägt. Es handelt sich hierbei allerdings um Formen der Demokratisierung, die sich paradoxerweise antidemokratisch manifestieren. An die Idee einer »Demokratie als Lebensform« richtet der Evangelikalismus somit eine grundlegende Frage: sind Demokratisierung und Autoritarismus als Gegenpole zu verstehen oder vielmehr als ambivalent schillernde Dynamiken, die eine eindeutige Zuordnung verweigern?

Johannes Völz ist Professor für Amerikanistik mit Schwerpunkt „Demokratie und Ästhetik“ an der Goethe-Universität Frankfurt. Mit Gunther Hellmann leitet er den Forschungsschwerpunkt „Democratic Vistas: Reflections on the Atlantic World“ des Forschungskollegs Humanwissenschaften, dessen wissenschaftlichem Direktorium er seit 2019 angehört. Letzte Buchveröffentlichung: Johannes Voelz, Poetics of Insecurity: American Fiction and the Uses of Threat, Cambridge University Press, 2018. Gegenwärtig arbeitet er an einer Studie zur Ästhetik des Populismus.

11. Januar 2024, 18 Uhr (c.t.), Casino CAS 1.811, Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Lecture
»Widerständigkeit, Ironie, Relevanz – drei demokratische Erfahrungsmodi von Öffentlichkeit?«
Sophie Loidolt (TU Darmstadt)

Politische Formen bestimmen Alltagspraktiken, Wahrnehmungsweisen und selbst das leibliche In-der-Welt-Sein und Miteinandersein. Umgekehrt können solche Praktiken und Existenzformen gewisse politische Prinzipen ins Werk setzen, auch wenn die jeweilige Staatsform gar nicht dazu passt. Die Forderung, Demokratie auch zu »leben«, kommt daher nicht von ungefähr. Doch wo und wie »leben« wir Demokratie im Alltag, wo erfahren wir sie? Wann »tun« wir Demokratie und wann erleiden wir sie? Und wer ist dieses »wir«?
Eine zentrale Forderung einer solchen Untersuchung muss sein, kein idealistisch verbrämtes Bild einer demokratischen Lebensform zu zeichnen. Das selbstbestimmte, partizipierende, öffentlich urteilende, sich in Freiheit formende und gleichzeitig auf Egalität und Solidarität bedachte Subjekt ist ein Ideal der Demokratietheorie, insofern sie sich als eine Individual- und Sozialethik begreift. Kritiken an diesem aufklärerischen Bild nehmen ebenso für sich in Anspruch, das Eigentliche der Demokratie als Subjektivierungsform zu erfassen: Kontingenz, Dissens und Offenheit zu affirmieren, die Stimme der Alterität in Brüchen der herrschenden Ordnung zu vernehmen, sowie Ästhetiken der Unterbrechung als Manifestationen von Pluralität willkommen zu heißen – dies sind neuere Tugenden, die demokratische Subjekte beherrschen sollen. Es entsteht ein komplexes und hoch anspruchsvolles Gefüge, das weit über die regelmäßige Stimmabgabe hinaus eine »Lebensform« vorzeichnet, die sich individuell und gemeinschaftlich vollziehen soll.
Um zu vermeiden, dass Reflexionen auf demokratische Lebensformen und Ästhetiken zu bestimmenden und schließlich normativen Urteilen werden, soll im Vortrag eine Perspektive auf Räumlichkeit, intersubjektive Begegnung und ihre »aisthesis« in Mikroöffentlichkeiten eröffnet werden. Die leitende These dabei ist, dass demokratische Ästhetiken etwas mit einem Gelingen von Öffentlichkeiten zu tun hat – was weder strategische noch kommunikative Erfolgsmodelle implizieren muss. Unter den Stichworten Widerständigkeit, Ironie, und Relevanz sollen drei Erfahrungsmodi von Öffentlichkeit unter die Lupe genommen werden, die demokratische Lebensformen auch unter nicht-idealen Bedingungen bereithalten.

Sophie Loidolt ist Professorin für Praktische Philosophie an der TU Darmstadt und vertritt einen phänomenologischen Schwerpunkt in Forschung und Lehre. U.a. ist sie die Autorin der preisgekrönten Studie Phenomenology of Plurality. Hannah Arendt on Political Intersubjectivity (Routledge, 2017).

1. Februar 2024, 18 Uhr (c.t.), Casino CAS 1.811, Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Lecture
»Demokratie erfahren: Zur Ästhetik einer gefährdeten Lebensform«
Till van Rahden (Université de Montréal)

Wir sind jetzt alle Demokraten. Zugleich mehren sich – auch angesichts des Erfolgs von populistischen Parteien – die Zweifel an der Idee der Demokratie. In den gegenwärtigen Debatten über die Herausforderung des Populismus und des Autoritarismus gerät oft aus dem Blick, dass die Demokratie als Herrschaftsform spezifische Lebensformen voraussetzt. Was können die Geistes- und Kulturwissenschaften für unser Verständnis der Demokratie als einer ebenso unwahrscheinlichen wie fragilen Lebensform beitragen? Demokratisches Zusammenleben erweist sich weniger als eine Frage der Norm, denn als eine Frage der Form. So lädt der Vortrag zum Gespräch über die Bedeutung ein, die Ästhetik, Stil und Umgangsformen für die Demokratie haben. Im Zentrum steht die Frage: wenn eine spezifische Kultur eine wesentliche, obgleich schwer fassbare Grundlage für demokratische Ordnung bildet, ist es möglich zu bestimmen, welche Formen und Stile die Demokratie fördern, erhalten und belegen?

Till van Rahden lehrt Europäische Geschichte an der Université de Montréal, wo er von 2006 bis 2016 den Canada Research Chair in German and European Studies innehatte. Als Fellow war in den vergangenen Jahren u.a. am Forschungskolleg Humanwissenschaften, Bad Homburg/Frankfurt, dem Leibniz Institut für Europäische Geschichte, Mainz, dem Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Wien und dem Freiburg Institute for Advanced Studies. Seine Studie Jews and other Germans: Civil Society, Religious Diversity and Urban Politics in Breslau, 1860-1925 (Madison, 2008) wurde mit dem »Fraenkel Prize in Contemporary History« ausgezeichnet. Zuletzt erschienen: Demokratie. Eine gefährdete Lebensform (Frankfurt/M. 2019) und Vielheit. Jüdische Geschichte und die Ambivalenzen des Universalismus (Hamburg 2022).

29. April 2024, 18 Uhr (c.t.), Casino CAS 1.811, Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Lecture
»Lebendige Demokratie. Perspektiven einer vitalistischen politischen Theorie«
Martin Saar (Goethe-Universität)

In den letzten Jahren haben das verstärkte Interesse an ökologischen und naturtheoretischen Fragen und Theorieentwicklungen wie der New Materialism auch dazu geführt, dass sich Topoi und Rhetoriken wiederfinden, die man der »Lebensphilosophie« im weitesten Sinne zuordnen kann und die lange Zeit, nicht zuletzt im deutschen Kontext, marginalisiert, fast tabuisiert waren. Oft stark vermittelt durch den anhaltenden Einfluss des Werks von Gilles Deleuze unternehmen derzeit eine Vielzahl von Autorinnen und Autoren an der Schnittstelle von Philosophie, Soziologie, Politischer Theorie und Ideen- und Wissenschaftsgeschichte ambitionierte Versuche, neue Varianten eines zeitgenössischen Vitalismus zu entwickeln und teilweise auf dieser Grundlage politische Perspektiven zu entwickeln (J. Bennett, R. Braidotti, F. Worms).
Der Vortrag rekonstruiert diese multidisziplinären Projekte und versucht, sie für die Frage der Demokratie fruchtbar zu machen. Denn es wird eine Rolle spielen, ob man sie von der Richtung der Legitimität, Rechte und Institutionen oder von der Richtung der Energien, vitalen Interessen und Affizierungskräfte her angeht. Das Versprechen einer »vitalistischen« Demokratietheorie läge darin, bei allem Vorbehalt gegenüber biologischen und organizistischen Metaphern die Lebens- und Überlebensbedingungen demokratischer Gemeinschaften beschreiben und etwas über politische Regenierungs- und Resilienzmechanismen aussagen zu können. Dies wäre eine mögliche, sicherlich spekulative Möglichkeit, die Rede von der »Demokratie als Lebensform« (fast) wörtlich zu nehmen.

Martin Saar ist Professor für Sozialphilosophie an der Goethe-Universität Frankfurt. Er ist Mitglied des Institutsrats und Kollegiums des Instituts für Sozialforschung und Angehöriger des Forschungszentrums »Normative Ordnungen«. Wichtige Veröffentlichungen: Genealogie als Kritik. Geschichte und Theorie des Subjekts nach Nietzsche und Foucault, Campus, 2007; Die Immanenz der Macht. Politische Theorie nach Spinoza, Suhrkamp 2013 (2. Aufl. 2019); Das Politische (in) der Politischen Theorie, nomos 2021 (hg. mit Oliver Flügel-Martinsen und Franziska Martinsen).

16. Mai 2024, 18 Uhr (c.t.), Casino CAS 1.811, Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Roundtable Discussion
»Spontaneity and Democracy«
Panelists: Farai Chipato (Glasgow), Dominik Herold (Frankfurt), Zhiyi Yang (Frankfurt)
Chair: Julius Schwarzwälder (Frankfurt)

In cooperation with GRADE Initiative »Aesthetics of Democratic Life-Forms«.

In Democratic Vistas (1871), Walt Whitman passionately argues that the new frame of democracy shall not be held together by politics, suffrage, or legislation, but should go deeper and get »at least as firm and as warm a hold in men's hearts, emotions and belief.« Whitman trusted in the perfectibility of human nature through aesthetic education. Such education was to equip the democratic individual with skills in ethical spontaneity – an ability to »become a law, and series of laws, unto himself« and thus to live »the highest freedom.« In this international roundtable discussion, scholars from cultural geography, political philosophy, and sinology take up Whitman’s prompt to probe into the centrality of spontaneity for conceptualizing – and putting into question – democracy as a form-of-life. In bringing together scholars whose research focuses on different continents and who address democracy from different disciplinary vantage points, a wide and enriching range of perspectives on democracy and spontaneity is bound to open up.
Sinologist Zhiyi Yang takes as her starting point the continuity between Whitman’s epistemological optimism and Confucianism, which offers some real-world experiments of Whitman’s philosophy executed under different historical circumstances. In the Confucian Analects, moral spontaneity achieved through aesthetic education in the arts, especially poetry and music, is repeatedly mentioned to be the foundation of ritual and political order. Spontaneity in this context is an internalized cultivation, a freedom well trained. Later idealistic Confucianism (xinxue) further maintains that all universal laws are found complete in man himself, a belief in the spontaneous moral subjectivity embodied by the fully cultivated junzi (Confucian gentleman). This tradition leads to a unique kind of democratic thinking in Republican China. According to political leaders like Sun Yat-sen and Wang Jingwei, only an altruistic vanguard revolutionary party consisting of junzi can safely accumulate dictatorial powers and lead the nation in a march toward democracy. The danger of this vision is personality cult and moral dictatorship, since only a junzi—the »captain« of the nation—can make decisions that turn into laws, with such spontaneity that is always beyond the comprehension of others (lesser subjectivities).
Philosopher Dominik Herold translates Whitman’s idea of moral spontaneity into the language of the political theory of radical democracy. On his view, democracy is fundamentally open and dynamic – its nature is that it is untamed and wild. It can never be contained by existing formulae. Thinking about the democratic in this way raises questions about the interplay between organization and spontaneity. What spaces, channels, and practices does democracy require for ensuring its wildness? Can spontaneity be organized when the affirmation of having to be spontaneous is necessarily perverted? How can a de?mocratie sauvage (Abensour) be saved from either tipping over into the barbaric or, alternatively, becoming tamed altogether? The wild or spontaneous, on Herold’s view, represents a central engine for how (democratic) subjects are formed, modes of relating are shaped, and agency is grasped.
Cultural geographer Farai Chipato finally considers the extent to which thinkers and activists of the Black Radical Tradition and the Black Aesthetic reject existing forms of (liberal) democracy and turn to the aesthetic, and particularly to spontaneity, in the search for alternative avenues of social thought, knowledge, and being. As many writers in Black studies argue for the processual, improvised nature of Black aesthetics, any approach drawn from this tradition will emphasize spontaneity in its constantly changing and adaptive nature. Indeed, Black aesthetics can be said to offer a spontaneous counterpoint to more static, modernist approaches to politics and society, by refusing singular, fixed answers to questions of identity and being and emphasizing the importance of fluidity and unruliness. Are approaches grounded in aesthetics or poetics more amenable to grappling with the crises of the 21st century? What openings are provided by Black aesthetic critiques of modernity? What might Black aesthetic futures look like and how do they relate to governance and the world as it is today?

The panel discussion will be moderated by Julius Schwarzwälder, founding member of the GRADE Initiative “Aesthetics of Democratic Life-Forms” and student in Frankfurt’s MA program »Aesthetics.«
The discussion will be in English.

Farai Chipato is a lecturer in Black Geographies at the School of Geographical and Earth Sciences at the University of Glasgow. His research interests include African politics, Black social and political thought, and the Anthropocene. His work has been published in several journals, including Political Geography, Third World Quarterly and Security Dialogue.

Dominik Herold studied philosophy and political theory in Frankfurt, Munich, Toronto, Vienna and New York. He is currently doing his PhD on the topic of radical democratic theory and the power of the affects at Goethe University Frankfurt am Main. Herold is (co-)founder and spokesperson of the Netzwerk Paulskirche and the NGO mehr als wählen e. V. His research focuses on social philosophy, democratic theory and affect theory

Zhiyi Yang is Professor of Sinology at Goethe University Frankfurt. She graduated from Peking University and received her PhD from Princeton University in 2012. She is the author of Dialectics of Spontaneity: The Aesthetics and Ethics of Su Shi (1037-1101) in Poetry (Leiden: Brill, 2015; Chinese version: Sanlian 2018) and Poetry, History, Memory: Wang Jingwei and China in Dark Times (Ann Arbor: Michigan University Press, 2023). She is currently working on a monograph on avant-garde classicist poetry in the Sinophone cyberspace and on a collaborative project on global Sinophone classicisms.

17. Juni 2024, 18 Uhr (c.t.), Casino CAS 1.811, Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Lecture
»The power we hold? Amerikanische Präsidentenporträts und die Frage nach Demokratie«
Antje Krause-Wahl (Goethe-Universität)

In der Geschichte der amerikanischen Demokratie nehmen Präsidentenporträts eine zentrale Stellung ein. Sie dienen nicht nur der Repräsentation einzelner Führungspersönlichkeiten, sondern zugleich der Vermittlung zentraler Werte der amerikanischen Nation, wie anhand der populären Vermittlungskultur um das Porträt George Washingtons deutlich wird. Neben den offiziellen Porträts gibt es zahlreiche Präsidentendarstellungen von Künstler*innen, die die jeweiligen Führungsfiguren und deren Politik reflektieren. Der Vortrag wird Kehinde Wileys und Kara Walkers Darstellungen Barack Obamas vor dem Hintergrund der Bildpolitik US-amerikanischer Präsidentendarstellungen analysieren. In diesen, so die These, zeichnen sich aktuelle Herausforderungen für die Demokratie ab.

Antje Krause-Wahl ist Heisenberg-Professorin für Gegenwartskunstgeschichte am Kunstgeschichtlichen Institut der Goethe-Universität Frankfurt unter anderem mit dem Projekt »Räume der Berührung – Subjektkonfigurationen und Gemeinschaftsbildung in der Kunst der 1960er und 1970er Jahre«.


12. Dezember 2024, 18 Uhr (c.t.), Casino CAS 1.811, Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Lecture
»›Absolute Freiheit aller Geister‹. Zur Ästhetik der Demokratie bei Hölderlin und Rancière«
Achim Geisenhanslüke (Goethe-Universität)

Der Vortrag richtet sich vor dem Hintergrund von Jacques Rancières Überlegungen zur Politik der Literatur auf die Sattelzeit um 1800, um die dort sich ereignenden Transformationen des Ästhetischen zugleich politisch zu lesen. Ausgangspunkt der Überlegungen ist das Älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus, Zielpunkt Hölderlins Empedokles-Drama als Zeichen des Übergangs von einer monarchischen zu einer republikanischen Ordnung der Freiheit und Gleichheit. Mit der Tragödie rückt die Gattungsform in den Blick, die sich schon in der Antike als kritischer Kommentar zur Entstehung der Demokratie etabliert hat. Wie sich am Beispiel Hölderlins zeigen lässt, verschränken sich in der Nachfolge der Französischen Revolution Ästhetik und Politik auf eine Art und Weise miteinander, die nicht einfach als »Ideologie des Ästhetischen« verstanden werden kann, wie es kritische Stimmen suggeriert haben. Vielmehr artikuliert sich das Ästhetische als das politisch Unbewusste der Politik, als eine Stimme, die politische Veränderungen nicht nur begleitet, sondern diskursiv hervorbringt.

Achim Geisenhanslüke ist seit 2014 Professor für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt. Arbeitsschwerpunkte in der Literaturtheorie sowie der europäischen Literatur vom 17. bis zum 21. Jahrhundert. Veröffentlichungen: Narben des Geistes. Zur Kritik der Erfahrung nach Hegel, Paderborn: Fink 2020; Am scharfen Ufer. Hölderlin, Frankreich und die Heideggersprache, Paderborn: Fink 2021; Raue Rhythmen. Hölderlins Nachtgesänge, Baden-Baden: Nomos 2023.

27. Januar 2025, 18 Uhr (c.t.), Casino CAS 1.811, Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Lecture
»Poetic Interventions: Erasure Poetry, Documentary Practices, and the Discourse on Social Justice«
Heike Schäfer (Goethe-Universität)

Der Vortrag geht der Frage nach, wie in der amerikanischen Gegenwartslyrik dokumentarische Praktiken eingesetzt werden, um sich in die öffentliche Diskussion über soziale Gerechtigkeit einzuschalten. Anknüpfend an Traditionslinien der experimentellen Dichtung seit den 1970er Jahren wenden sich amerikanische Dichter*innen derzeit verstärkt dokumentarischen Verfahren zu, die sie verwenden und/oder verfremden, um Erfahrungen sozialer Benachteiligung und Ausgrenzung zu thematisieren und Kritik an Sexismus, Rassismus, Homo- und Transphobie und anderen Formen der Diskriminierung zu üben. Beispiele hierfür sind das Verfassen von erasure poems mittels der teilweisen Auslöschung und Überarbeitung von Dokumenten der Legislative und Exekutive – von der Declaration of Independence (Tracy Smith) und dem 9/11 Report (Travis Macdonald) bis zu offiziellen Leitfäden der Grenzpolizei (Francesco Levato) – oder die Appropriation und lyrische Umformung juristischer Dokumente in Werken wie M. NourbeSe Philips Zong! (2008) und Candice Williams‘ I Am the Most Dangerous Thing (2023). Durch Fragmentierung, Neuanordnung, Auslöschung oder typographische Manipulation werden die offiziellen Dokumente zu Gedichten umgearbeitet, die die Ausgrenzungslogiken der Ausgangstexte offenlegen und zugleich die Perspektiven und Erfahrungen der Marginalisierten und Entrechteten sichtbar machen. Andere Werke, wie Claudia Rankines Citizen: An American Lyric (2014) und Just Us: An American Conversation (2020), lösen die Grenzen zwischen Lyrik und Reportage auf, um die persönliche Erfahrung sozialer Ausgrenzung zu dokumentieren und eine öffentliche Auseinandersetzung über die Aushandlung von Identität und gesellschaftlicher Teilhabe auf der Ebene von kognitiv-affektiver und körperlicher Erfahrung, Alltagssprache und medialer Diskurse anzuschieben. Der Vortrag erörtert die gegenwärtige Hinwendung von Dichter*innen zu dokumentarischen und appropriativen Verfahren als Versuch, literarische Praktiken in den Dienst demokratischer Verständigung zu stellen. Er zeigt, dass die selbstreflexiven formalen Strategien dieser dokumentarisch orientierten oder fundierten Gedichte darauf ausgerichtet sind, Differenzsetzungen zwischen Subjektivem und Objektivem, Faktischem und Imaginärem, Persönlichem und Politischen, Sozialem und Ästhetischem zu unterlaufen, um Ausgeblendetes, Ausgegrenztes, Verschwiegenes, und Nichtgewusstes zu thematisieren, die Verschränkung von Sprachgebrauch und Dynamiken gesellschaftlicher Teilhabe und Diskriminierung aufzuzeigen, und die Bedingungen und Möglichkeiten sozialer Gerechtigkeit aus feministischer, antirassistischer und/oder queerer Perspektive zu erkunden.

Heike Schäfer ist Professorin für Amerikanistik an der Goethe-Universität Frankfurt. Zuletzt erschien von ihr die Studie American Literature and Immediacy: Literary Innovation and the Emergence of Photography, Film, and Television (Cambridge University Press, 2020).

3. Februar 2025, 19 Uhr (s.t.), Forschungskolleg Humanwissenschaften Bad Homburg
Lecture
»Stilgemeinschaften – Studien zu einem Basiskonzept demokratischer Ästhetik«
Heinz Drügh (Goethe-Universität)

Der Begriff der »Stilgemeinschaft«, den der Medienwissenschaftler Jochen Venus vom Bereich der Mode, aus dem er ursprünglich stammt, auf eine Analyse der „Erfahrung des Populären“ übertragen hat, spielt eine wichtige Rolle für das Konzept der Gegenwartsästhetik. Der Gedanke schließt an Hannah Arendts New Yorker Vorlesungen zu Kants Kritik der Urteilskraft an. Das demokratisch Interessante an Kants Analyse des ästhetischen Urteils ist laut Arendt, dass es einen Bogen von durch und durch idiosynkratischem Eigensinn zum Gemeinsinn schlägt. Es geht also um die Etablierung einer Redeform, in der ganz und gar Subjektives im ästhetischen Urteil anderen dennoch angesonnen oder zugemutet wird, wie Kant schreibt.  Arendt sieht in diesem Vorgang geradezu modellhaft das Verfahren liberaler Demokratie angelegt – den Prozess, Individuen in ihrer Eigenheit zu belassen und doch keine Gesellschaft vereinsamter Individuen zu formieren; im Gegenteil geht es um eine Gesellschaft, die in der Gewährung des Eigensinns ihre Form der Beziehung aller aufeinander angelegt sieht.
Denken Kant und Arendt diesen Prozess als universalistisch (potenziell jeder Mensch ist im ästhetischen Urteil adressiert), so scheinen gegenwärtige Stilgemeinschaften deutlich parzellierter. Fantasy, Black Metal, Science-Fiction, Naturlyrik, Videokunst: Für alles gibt es Spezialisten oder Fans, es gibt Foren für die Vergemeinschaftung – in Printformaten und nicht zuletzt Diskussionsbörsen und Fanforen im Internet. Und dieser Prozess wirkt auch in Kulturbereiche hinein, die viel selbstverständlicher als das Populäre noch von einer Einheit ihres Feldes ausgehen: etwa die eine Literatur. Aber ist dies wirklich Indiz für eine Gesellschaft der Singularitäten, wie das der Soziologe Andreas Reckwitz nennt? Oder prozessiert diese Entwicklung kultureller Ausdifferenzierung immer auch noch Momente des Kant’schen Universalismus (möglicherweise auf unerwartetem Terrain, nämlich jenseits etablierter Begriffe von »Kunst«)?

Heinz Drügh ist Professor für Neuere deutsche Literatur und Ästhetik an der Goethe-Universität Frankfurt. Letzte Buchveröffentlichung: Gegenwartsästhetik (Konstanz University Press, 2023).

 

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