Historisches Kolleg
Themenjahr 2016/17: »Reformationen – Kontinuitäten und Brüche«
Dem nahenden fünfhundertsten Jahrestag der Thesenpublikation Martin Luthers widmet das Historische Kolleg im Forschungskolleg Humanwissenschaften einen Themenschwerpunkt. Das von der Historikerin Luise Schorn-Schütte konzipierte Forschungsprogramm untersucht die enge Verzahnung von Religion und Politik sowie die Folgen der reformatorischen Bewegungen und ihrer Rezeption bis heute.


Luise Schorn-Schütte bei der Eröffnung des Sommersesmesters am Forschungskolleg Humanwissenschaften (April 2016)

Luise Schorn-Schütte, Professorin für Neuere Allgemeine Geschichte an der Goethe-Universität und Programmbeauftragte des Historischen Kollegs für den Schwerpunkt »Reformationen – Kontinuitäten und Brüche«, ist es gelungen, führende Reformations-Experten für das Themenjahr zu gewinnen: Irene Dingel (Mainz), Friedrich Wilhelm Graf (München), Robert von Friedeburg (Rotterdam), Thomas Kaufmann (Göttingen), Volker Leppin (Tübingen) und weitere einschlägig arbeitende Forscher setzen sich im Rahmen von Forschungsaufenthalten am Kolleg, einer Reihe von öffentlichen Vorträgen und einer Konferenz mit dem weitläufigen Themenkomplex auseinander. Folgende Aspekte stehen dabei im Mittelpunkt:

Die These einer engen Verknüpfung von Religion und Politik wird bereits im Plural »Reformationen« im Titel deutlich und legt das Augenmerk darauf, dass Reformen der Kirche und politische Reformen zusammenfielen. Auf welche Weise sie verzahnt waren, ist eine der großen Fragen des Themenjahres. Sie führt bis in die Gegenwart: Friedrich Wilhelm Graf und Horst Dreier etwa gehen dem Einfluss von Religion in gegenwärtigen Institutionen nach. Letzterer vertritt die These, dass weite Teile des deutschen Grundgesetzes von protestantischen Elementen geprägt sind; damit spricht er der deutschen Verfassung eine Laizität ab.

Gleichzeitig gibt das Themenjahr dem Blick auf die Deutungen und Wertungen Raum, die sich im Zuge der frühen Historisierung des reformatorischen Aufbruchs ergaben. Die Freilegung zeitgebundener Deutungsmuster − etwa vom stets obrigkeitsgläubigen Lutheraner und dem stets demokratieverbundenen Calvinisten − soll helfen, den Kern des reformatorischen Anliegens auch für die Gegenwart wieder besser verständlich zu machen.

Dies führt wiederum zu historiographiegeschichtlichen Fragen. Die Darstellung des Erbes Luthers mündete lange Zeit in die These, dass es eine Kontinuität von »Luther zu Hitler« gebe. Ob es überhaupt legitim ist, von Luthers Erbe zu sprechen, oder es sinnvoller ist, generelle Linien von der Reformationszeit bis heute zu ziehen, und wie weit sich die Reformation kontextualisieren lässt, ist Gegenstand eines Disputs zwischen Theologen, Kirchenhistorikern und Historikern.

Eben diese Frage ist der Kern der Debatte um die Denkschrift »Rechtfertigung und Freiheit. 500 Jahre Reformation 2017« der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) von 2014, die große öffentliche Aufmerksamkeit erregte und in die Volker Leppin und Thomas Kaufmann maßgeblich involviert waren. Die Schrift handelt von der Bedeutung der theologischen Inhalte der Reformation für unsere Gegenwart und stieß auf große Kritik, weil sie dem starken Gegenwartsbezug keine ausreichende historische Kontextualisierung an die Seite stelle.

(FKH - 31.05.2016)
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