Fellows
rnComputer und Krieg
rnAlex Leveringhaus forscht für die nächsten drei Jahre in Oxford

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Alex Leveringhaus, zurzeit Post-doctoral Fellow am Centre for Advanced Studies »Justitia Amplificata« der Goethe-Universität Frankfurt und Fellow des Forschungskolleg Humanwissenschaften, wird ab dem Sommersemester 2012 an der Universität Oxford forschen. Der politische Philosoph und Ethiker, der an der London School of Economics mit einer Arbeit zur Theorie des gerechten Krieges promoviert hat, wird für die nächsten drei Jahre als Post-doctoral Fellow am Oxford Institute for Ethics, Law and Armed Conflict (kurz: ELAC) tätig sein. Er wird sich dort mit ethischen und rechtlichen Auswirkungen von computergestützten Waffen- und Zielsystemen beschäftigen. Das Forschungsprojekt zu diesem Thema wird vom niederländischen Verteidigungsministerium finanziert und läuft in Kooperation mit der philosophischen Fakultät der Technischen Universität Delft und ihrem renommierten Centre for Ethics and Technology. Die Leitung des Projektes liegt beim Oxforder Moralphilosophen David Rodin, der im Jahr 2011 vom Weltwirtschaftsforum in Davos als Young Global Leader ausgezeichnet wurde.

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Die Thematik des Projektes, meint Alex Leveringhaus, ist »hoch brisant«. Die technischen Entwicklungen innerhalb des militärischen Bereichs sind, größtenteils unter Ausschluss der Öffentlichkeit, in den letzten Jahren rasant gewesen. Modernste Computertechnologien, die einen zielgerichteten Einsatz von Waffensystemen ermöglichen, werden momentan entwickelt oder sind bereits im Einsatz. Das Bild des Krieges, das noch immer in populären und philosophischen Auseinandersetzungen vorherrscht, ist kaum noch haltbar: Es stehen sich heute nicht mehr Soldaten direkt in Schützengräben gegenüber, wie es etwa der amerikanische Sozialphilosoph und Kriegstheoretiker Michael Walzer annimmt. Es ist eher der Fall, dass sie in einer Kommandozentrale tätig sind, über Videobildschirme ein gewisses Areal überwachen, mit der Unterstützung von computergestützten Systemen bestimmte Entscheidungen treffen, dementsprechende militärische Handlungen ausführen, und, etwas überspitzt ausgedrückt, danach mit ihrer Familie zu Abend essen. Als Beispiel für diese Entwicklung mag der Einsatz von Drohnen durch die US Air Force im sogenannten »Krieg gegen den Terror« gelten. Obwohl Drohnen ursprünglich lediglich als unbemannte Flugobjekte zu Aufklärungszwecken eingesetzt wurden, werden sie heute auch von amerikanischen Soldaten zu der ethisch und völkerrechtlich höchst umstrittenen »gezielten Tötung« von vermeintlichen »Terroristen«, vornehmlich in Pakistan und Afghanistan, genutzt.

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Allgemein hat die technische Entwicklung der letzten Jahre, so Alex Leveringhaus, wichtige ethische und rechtliche Folgen, die dringend auch in der philosophischen Diskussion behandelt werden müssen. Das Forschungsprojekt wird sich deswegen vor allem damit auseinandersetzen, ob bestehende rechtliche und moralische Regelwerke überhaupt mit neuen computergestützten Waffensystemen in Einklang gebracht werden können. Die Entwicklung neuer Technologien, meint der Philosoph, hat weitreichende Auswirkungen darauf, wie wir in der Zukunft über Krieg und Frieden nachdenken werden und welche Möglichkeiten uns bereitstehen, den Einsatz militärischer Gewalt rechtlich wie moralisch einzugrenzen. Insbesondere wird Alex Leveringhaus kritisch der Frage nachgehen, wie sich computergestützte Waffentechnologien auf die Perspektive derjenigen, die sie bedienen, auswirken. Hierzu wird er sich mit dem in der angelsächsischen Philosophie rasant sich entwickelnden Feld der Moralpsychologie auseinandersetzten. Wie stark beeinflusst Computertechnologie die Wahrnehmung von Kombattanten? Inwieweit schränken Computer ihre Handlungsfähigkeit ein? Da diese Fragen kaum in der zeitgenössischen Debatte zum gerechten Krieg behandelt werden, ist das Forschungsprojekt für Alex Leveringhaus besonders reizvoll. Es sollte, denkt der Philosoph, einen originellen Beitrag zum derzeitigen Forschungsstand leisten.

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Zwei Fragestellungen liegen dem Ethiker besonders am Herzen. Erstens gilt es zu klären, wer rechtliche und moralische Verantwortung für militärische Handlungen trägt, welche mithilfe von computergestützten Waffensystemen ausgeführt werden. Bleibt diese Frage unbeantwortet, so fürchtet Leveringhaus, dann will es ‒ gerade in Fällen, wo es zu Moral- Rechtsverletzungen kommt ‒ am Ende keiner gewesen sein. So eine Situation ist für den Philosophen nicht hinnehmbar. Zweitens muss diskutiert werden, wie Personen, die nicht an Kampfhandlungen beteiligt sind, geschützt werden können. Die Entwicklung computergestützter Waffensysteme könne leicht zu der Illusion führen, dass durch den präzisen Einsatz militärischer Gewalt das Leben von Nichtkombattanten geschützt werden kann. Hier ist der Ethiker aber skeptisch. Die Entwicklung von neuen Waffensystemen hat, in Anbetracht der jüngsten militärischen Einsätze in Kosovo, Afghanistan, Irak, Pakistan und Libyen, eher dazu geführt, dass die Risiken für Kombattanten stark reduziert wurden, während sie für Nichtkombattanten entweder gleichgeblieben sind oder sogar noch erhört wurden. Dies ist eine besorgniserregende Entwicklung, der kritisch begegnet werden muss.

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Aber auch über den Kontext des Militärs hinaus sollte das Forschungsprojekt neue Perspektiven eröffnen. Computer spielen eine Schlüsselrolle in der gegenwärtigen Gesellschaft, was wiederum wichtige Auswirkungen auf Recht und Moral hat, die wir nicht ignorieren dürfen. Deshalb hofft Alex Leveringhaus, dass das Forschungsprojekt auch Impulse für eine breite akademische und gesellschaftliche Debatte zum Einsatz von Computertechnologie geben wird.

(FKH - 02.04.2012)
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